Die Entstehung des Opernhauses - zum Schutz des Kaisers
Die Idee, ein neues Opernhaus zu errichten, geht auf das versuchte Attentat auf Napoleon III. und seine Frau am 14. Januar 1858 in der ehemaligen Oper nahe der heutigen Opéra Garnier zurück. Nach diesem Vorfall wollte er eine Oper bauen lassen, die ihm einen sicheren Zutritt zum abendlichen gesellschaftlichen Ereignis ermöglicht. Seinerzeit war die Herangehensweise des Auswahlverfahrens, wer der Architekt des Baus werden sollte, untypisch. Der Kaiser rief einen großen Wettbewerb aus, an dem 171 Baumeister teilnahmen.Der noch unbekannte Architekt
Die Einreichungen im Rahmen des Wettbewerbs wurden anonymisiert und so wurde der junge Baumeister und Architekten Charles Garnier, der zuvor lediglich ein Mietshaus errichtet hatte, ausgewählt. Seine pompösen Vorstellungen gingen Hand in Hand mit der geplanten Neugestaltung der Stadt Paris. Um das große Projekt realisieren und das Statement verstärken zu können, wurden sogar Häuser abgerissen, um eine weitläufige Zufahrtsstraße, die Avenue de l'Opéra, zu schaffen. Durch den zugewiesenen Bauplatz ergab sich auch zwangsläufig der Aufbau des Gebäudes, Garnier entschied sich dabei für eine symmetrische Gestaltung. Einer der zwei seitlichen Pavillons diente 200 hochrangigen Logen-Abonnenten, der andere brach die Symmetrie und hätte dem Kaiser dienen sollen, der die Theaterloge unentdeckt hätte betreten können.
Die Große Treppe der Oper | Foto: Unsplash, Laila GebhardErschwerter Bau
Begonnen wurde der Bau der Opéra Garnier 1860, jedoch stellte sich schnell heraus, dass aufgrund des hohen Grundwasserspiegels die Errichtung erschwert werden würde. Auch kam das Projekt durch den Deutsch-Französischen Krieg zum Stillstand, zeitweise diente das Gebäude sogar als Essenslager. Als 1873 ein Brand im damaligen Opernhaus ausbrach, wurde beschlossen, dass die Opéra Garnier fertiggestellt werden sollte. Nach 15 Jahren Bauzeit konnte die Oper endlich eröffnet werden. Napoleon III. bekam sie allerdings nie zu sehen, da er während des Krieges des Landes verwiesen wurde und bis zu seinem Ableben im Jahr 1873 im Ausland blieb.
Der Treppenaufgang der Oper | Foto: Unsplash, Caleb MaxwellDie Oper in Zahlen
Eingeweiht wurde die Opéra Garnier 1875 und war einst der größte Theaterbau weltweit, bis sie die Opéra Bastille im Jahre 1989 überholte. Die gesamte Fläche der Oper beläuft sich auf 11.237 m² und wirkt durch den Verlauf der neuen Straßen deutlich kleiner. Im prächtigen Saal haben 1900 Zuschauer Platz. Auf der Bühne können bis zu 450 Künstler gleichzeitig auftreten. Die Bühnentechnik ist erstaunlich ausgereift, hier können 15 Meter hohe Kulissen entstehen und verschwinden. Eine Besonderheit der Opéra Garnier ist auch die Adaptionsmöglichkeit der Bühne, die für große Szenerien verlängert werden kann. Dieser verborgene Raum wurde früher als Tanzsaal genutzt und dient heute meist als Übungssaal.Garniers Detailreichtum
Der neobarocke Stil und die üppige Ausstattung waren bei der Errichtung der Oper Programm, schon beim Betreten wird das imposante Ausmaß von Garniers Planungsideen deutlich - die großzügige Treppe, das Grand Foyer, oder etwa der runde Salon du Glacier laden zum Staunen ein. Bei einem Besuch der Oper wurden die Zuschauer zu Akteuren - sehen und gesehen werden war hier das Motto. Auch der geräumige Zuschauersaal ist reich an Dekorationen, dabei ergeben Blattgold, rotes Satin und Samt ein tolles Zusammenspiel. Die Krönung des Saals ist dabei der acht Tonnen schwere Kronleuchter.Das prachtvolle Grand Foyer
Reiche Goldverzierungen, das farbenprächtige Deckenfresko und die opulenten Kronleuchter machen das Grand Foyer wohl zum prunkvollsten Raum der Opéra Garnier. Dieser Raum wurde vor allem in den Pausen und am Ende der Vorstellungen genutzt. Von hier gelangt man auch auf den Balkon, von dem man einen tollen Blick auf die Stadt Paris hat. An den beiden Enden des Foyers befinden sich der warm dekorierte Salon du Soleil und der kühl wirkende Salon de la Lune. Ursprünglich sollte der Salon du Soleil als Vorraum zum Raucherzimmer dienen, doch in der Eile der Fertigstellung vertauschte der Dekorateur die beiden Salons, wobei der Salon de la Lune schließlich zum Sorbet-Verzehr diente.
Das Deckengemälde von Marc Chagall | Foto: Unsplash, Mahdi SamadzadDas neue Deckengemälde
Eine Besonderheit im Zuschauersaal ist vor allem auch das 220 m² große Deckengemälde von Marc Chagall aus dem Jahr 1964, um einen moderneren Stil wiederzugeben. Die alte Deckenmalerei wurde dabei allerdings nicht übermalt, sondern befindet sich weiterhin hinter dem neuen Leinwand-Gemälde. Das Gemälde soll die “Hymne an die Musik” darstellen und vereint über ein Dutzend der bekanntesten Opern und Komponisten der westlichen Welt wie Mozarts “Zauberflöte” oder Igor Strawinskys “Feuervogel”. Die gesättigten Farben und die runde Form des Freskos verleihen der Malerei Bewegung und Harmonie.
Die Logen der Oper | Foto: Unsplash, Gio AlmonteDas Phantom der Oper
Der besagte Mythos um ein Phantom, das in der Oper leben soll, entstand durch die furchteinflößenden Geräusche des Untergrunds, die bei den ersten Aufführung wahrgenommen wurden und einen Unfall mit einem Kronleuchter-, bei dem eine Concierge zu Tode gekommen ist. Verstärkt wurde diese Legende um das Phantom der Oper auch durch das tatsächlich existierende Grundwassersammelbecken und die labyrinthartigen Gänge der Oper, in denen sich das Phantom gut verstecken kann. Die Loge 5, der Zuschauerraum des Phantoms, kann heute noch im ersten Stock besichtigt werden.